Überall lesen wir aktuell, die Lehrkräfte sind überfordert und/oder sie sind faul und setzen sich nicht für begabte Kinder ein. Uff, das nervt mich. Genauso falsch, wie die Aussage: Begabungsdiagnostiker haben immer als Ergebnis „Hochbegabung“.

Auch in diesem Jahr habe ich Lehrerinnen und Lehrer erlebt, die zwar sehr belastet sind, aber absolut offen für ein begabtes Kind etwas zu tun. Gemeinsam zu überlegen, was passt zu dem Kind und zur Lehrkraft. So habe ich ein Gespräch in Erinnerung bei dem die Lehrkräfte sehr reserviert und skeptisch waren. Mit der Mutter war ich nicht sicher, wie die Umsetzung gelingen wird.

Zwei Monate später war also wieder ein Gespräch mit beiden Klassenlehrern und sie haben einfach ALLES umgesetzt. Sie haben erzählt, dass es gut klappt, dass das Kind jetzt die Klassenarbeit nach der Einführung schreibt. So sind die Lehrkräfte sicher, das Kind kann den Unterrichtsstoff und es kann beruhigt anderes Material bearbeitet werden. Es zeigte sich, dass es insgesamt (wie erwartet) zusätzlich weniger Stress für die Lehrer bedeutete. Sie brauchten nicht mehr aufhalten, hatten etwas für die Unterlagen und die Eltern haben mit Material unterstützt, soweit nötig. So geht vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Erst kürzlich hatte ich ein Gespräch mit Lehrkräften in Bezug auf Unterforderung in der Mittelstufe. Es war eine Idee, eine Hospitation in einer viel höheren Klasse anzubieten, damit die Ansprache der Peers sich verbessert und wieder Motivation zu schulischen Themen geweckt wird. Es gab so viel: „aber“ und „das geht nicht“. Die Mutter des Kindes und ich waren uns einig, dass es schwierig aussieht und wir trotzdem dem Ganzen eine Chance geben.

Bereits am nächsten Tag hatte diese Lehrkraft mit KollegInnen gesprochen und drei Fächer organisiert in denen mehrere Klassenstufen höher hospitiert wird. Die Umsetzung folgte sofort. Uiii, wir hätten das nicht vor den Weihnachtsferien und eigentlich auch nicht vor den Zeugnissen im Januar vermutet.

Oder ich erinnere mich an eine Lehrkraft die an einem Feiertag mit mir sprechen wollte, weil sie sonst mit der Schule so ausgefüllt ist. Sie hatte am Ende regelmäßig eine Freistunde für 1:1 Gespräche mit dem Kind eingeplant, persönliche Gespräche zur Unterstützung und bereits zwei Kollegen, die ebenfalls die Ansprache ändern wollten.

Ich könnte jetzt noch viel mehr schreiben. Nein, es klappt nicht immer alles was wir uns wünschen, aber es ist wirklich sehr selten, dass gar nichts geht. Vielleicht sollten wir alle versuchen wahrzunehmen was möglich gemacht wird, obwohl es in den Schulen aktuell für Lehrkräfte sehr schwierig ist. Die Kinder und Jugendlichen sind sehr viel häufiger in einem instabilen emotionalen Zustand und die Lehrkräfte mit dem Thema allein bzw. mit Mehrarbeit belegt. Gemeinsam sollten wir Lösungen finden, die sich umsetzen lassen.